Robert Gradmann - Der große Landeskundler
In Lauffen 1865 geboren und in Stuttgart aufgewachsen, hoffte Robert Gradmann nach seinem Studium der Theologie auf eine Pfarrstelle in Hohenlohe. Sein Wunsch erfüllte sich 1890, als er Vikar in Öhringen und ein Jahr später Pfarrer in Forchtenberg wurde. Doch zuvor wurde er vor Forchtenberg gewarnt. Forchtenberg sei zwar eine Stadt, aber doch ein armes, buckliges und dreckiges Nest und zudem weit abgelegen. Robert Gradmann besuchte Forchtenberg und war von dem romantischen Städtchen, das an einem Bergvorsprung klebte und in seinen Stadtmauern steckte, hell begeistert. Ein Jahr später heiratete er seine Braut. Die jungen Pfarrersleute haben sich von Anfang an in Forchtenberg wohl gefühlt. Unter den Forchtenbergern fand Robert Gradmann „recht kluge Menschen, von treffendem Urteil, höchst ehrenwertem Charakter und schlagfertigem Witz“. Die Gottesdienste waren immer anständig besucht. Obwohl es nicht Sache eines Pfarrers ist, eine Genossenschaftsbank zu gründen, nahm sich Robert Gradmann dieses Themas an, um die Not der Landwirte zu lindern. Nachdem er sich umfassend informiert hatte, lud er zu einer Versammlung ein und konnte alle Fragen so überzeugend beantworten, so dass noch am gleichen Abend die Raiffeisen-Darlehenskasse gegründet wurde. Diese Aufgaben füllten den jungen Pfarrer aber nicht ganz aus. Er suchte eine Nebenbeschäftigung, auch deshalb, weil seine Einkünfte sehr dürftig und noch Schulden aus der Studienzeit abzulösen waren. Er schrieb für wenig Honorar botanische Aufsätze und für die Albvereinsblätter einen populären Beitrag über die Flora auf der Alb. Nachdem kein Naturwissenschaftler bereit war einen botanischen Führer für Albwanderer herauszugeben, wagte er sich, der die Pflanzenkunde bisher nur als Hobby angesehen hatte, an dieses Projekt.
Zum Foto:
Altersbild von Pfarrer und Professor Gradmann (1950). Quelle: Forchtenberger Heimatbuch
Altersbild von Pfarrer und Professor Gradmann (1950). Quelle: Forchtenberger Heimatbuch
Ermuntert von seiner Ehefrau, nutzte der 1,64 Meter große Mann seine gesamte Freizeit um sich in Hunderte von Büchern einzulesen und die Forchtenberger Umgebung noch systematischer zu erforschen. Nach fünf Jahren angestrengter Arbeit lag der erste Band der "Pflanzenwelt auf der Alb" vor, der zweite Band folgte bald danach. Die Fachwelt staunte und wollte nicht glauben, dass der Verfasser ein unbekannter Dorfpfarrer sein solle. Das war er auch bald nicht mehr. 1901 übernahm er die neu eingerichtete Bibliothekarstelle an der Universität Tübingen, promovierte summa cum laude zum Doktor der Naturwissenschaften, habilitierte 1909 für Geographie und wurde 1919 an die Universität Erlangen berufen. Sein forschender Geist brachte eine Vielzahl fachlicher Publikationen hervor, die uns auch heute noch etwas zu sagen haben. In seinen Lebenserinnerungen, die er 1944 niederschrieb, sagte er: "Der Abschied von Forchtenberg ist uns nicht leicht gefallen. Wir hatten das Städtchen sehr lieb gewonnen, haben es nie vergessen und immer wieder aufgesucht." Seine letzten Jahre verbrachte Robert Gradmann bei seiner Tochter im Pfarrhaus in Sindelfingen. Dort ging 1950 ein reiches und vielseitiges Forscherleben zu Ende. In Forchtenberg erinnert heute noch die "Robert Gradmann-Hütte" hoch über dem Kocher in Richtung Muthof in herrlicher Aussichtslage an sein Leben und Wirken.