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Michael Kern III

Der Bildhauer von Forchtenberg 1580 - 1649

Unter den Einträgen des Jahres 1649 liest man im Forchtenberger Totenbuch: "Michael Kern des Gerichts und Bildhauer alhier, welcher an der Ruhrkrankheit den 31. Augusti gestorben und den 3. September begraben worden". Damit schließen die amtlichen Akten über das bürgerliche Leben des Forchtenberger Bildhauers Michael Kern.1580 wird Michael als Sohn des Tünchermeisters und später berühmter Steinmetz Michael Kern geboren. Der Tradition der Familie entsprechend durchläuft er zuerst die handwerkliche Ausbildung, wahrscheinlich in der Werktsatt des Vaters. Schon früh müssen sich bei ihm Ansätze gezeigt haben, die eine künstlerische Weiterbildung über das rein Handwerkliche hinaus für geboten erscheinen ließe. Daher kommt er mit 17 Jahren in die Lehre des Heilbronner Bildhauer Johannes Müller, aus der er nach vier Jahren, 1601, mit dem Lehrbrief entlassen wird. Im Anschluß an die Lehrzeit ging jeder junge Geselle gewöhnlich auf die Wanderschaft. Diese bot ihm die erste und oft auch einzige Gelegenheit, sich in der Welt umzusehen, bevor er dann als Meister seßhaft wurde. Dies scheint bei Kern nicht der Fall gewesen zu sein, denn in den Jahren 1601, 1603 und 1605 ist er in Forchtenberg nachweisbar.

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Von Michael Kern III
Evangelisten Lukas und Johannes, Kanzel in der Forchtenberger Michaelskirche aus dem Jahr 1612. Quelle: Aus dem Buch „Die Künstlerfamilie Kern 1529-1691“

Aus dieser Zeit stammt der Epitaph für den Großvater Michael Kern im Forchtenberger Friedhof. Die Zahl seiner Tätigkeit beginnt aber erst, nachdem er in Würzburg 1606 die Meistergerechtigkeit erworben hatte und ein Jahr darauf "von einem Frau Rath als gemeiner Statt ordianry Steinmetz und Bildhauer angenommen" worden war. Obwohl er Würzburger Bürger ist, arbeitet er doch die meiste Zeit in Forchtenberg, von wo er sein Material, den Alabaster, bezieht und wo er eine große Werkstatt mit drei bis sechs ständigen Mitarbeitern führt. Er ist der führende Kopf der übrigen sich ebenfalls künstlerisch betätigenden Familienmitglieder, die mit ihm arbeiten: die Brüder Georg, Leonhard, Peter, der Vetter Endris, später sein Sohn und Nachfolger Achilles und der Neffe Peter. Schon in seiner früheren Zeit in Würzburg muß Kern ein bekannter und geschätzter Bürger gewesen sein, der bei gewissen amtlichen Handlungen keiner Bürgen bedurfte, wie einem Würzburger Ratsprotokoll von 1607 zu entnehmen ist. Auch seine finanziellen Verhältnisse waren sicherlich nicht schlecht, wenngleich er keine Reichtümer ansammeln konnte. Schon 1603 gehörte die Gemeinde Forchtenberg zu seinen Schuldnern, indem „ein erbar Gericht bei Michael Kern drey hundert Gulden umb landleuffig Interesse entlehnt und uffgenommen“ hat. Nach der er sich, wie auch andere Familienmitglieder, außerdem von der Leibeigenschaft losgekauft hatte, steigt er rasch in seiner gesellschaftlichen Stellung und gehört bald zu den vornehmsten Bürgern, sicherlich nicht nur seines Besitzes, sondern mehr noch seiner künstlerischen Qualität wegen, die ihn aus dem Sphäre des Handwerks in die des freien Künstlertums erhoben.
So ist es nicht verwunderlich, wenn man im Forchtenberger Stadtbuch liest: "Anno 1625 ist Michell Khern ins Bürgermeisteramt kommen", und dies, obwohl Michael die räumlich-örtliche Begrenzung offenbar sehr drückend empfunden, denn gerade über ihn sind die Akten voll von Beleidigungsklagen, Schmäh- und Schlaghändel, Schlägereien und Hexenbezichtigungen. Anlaß zu diesen zahlreichen Streitigkeiten und Reibereien war wohl die Enge des heimatlichen Städtchens und eine gewisse Begrenztheit in den Lebensanschaungen seiner Bewohner, hier konnte sich die überdurchschnittliche, menschlich und künstlerisch den engen Kreis des Herkömmlichen sprengende Persönlichkeit  Kerns nicht einfügen. Eine gewisse Weite und Großzügigkeit eignete daher auch allen anderen nur einigermaßen profilierende Charakteren der Kernschen Künstlerfamilie an. 1606 hatte Michael -  wie üblich kurz nach Erwerbung der Meisterwürde - eine Würzburgerin namens "Christina" geheiratet. Nach 30-jähriger Ehe stirbt seine Frau: "48 Jahre alt und 20 Kinder Mutter, dabei noch so schön und jung scheinend, als wenn sie kaum 30 Jahre alt und kaum zwei oder drei Kinder geboren hätte", wie es im Totenbuch heißt. 1644 geht er eine zweite Ehe mit Barbara Brackenheim, Tochter des Vogtes zu Vaihingen, ein, bis er schließlich nach wenigen Jahren 1649 an der Ruhr stirbt.
Michael Kern "der hohenlohische Bildhauer", war wohl schon zu Lebzeiten hochgeehrt, erfuhr aber trotzdem nicht die offizielle Würdigung, durch die damalige Kunstgeschichtschreibung wie sein mehr der gefälligen und beliebten Kleinplastik verschriebener Bruder Leonhard. Seine zahlreichen Arbeiten für die Grafen von Hohenlohe und den Würzburger Fürstbischof, seine Herren, für andere Standesherrschaften des ganzen fränkischen Gebiets bei Michelstadt, Wertheim umd Bamberg, seine Arbeiten für die katholische und evangelische Kirche, sprechen für eine allseitige künstlerische Anerkennung. Im Unterschied zu seinem Bruder Leonhard ist Michael durchaus Monumentalbildhauer. Als solcher hatte er an Grabdenkmälern und Altären nicht nur das Figürliche zu arbeiten, sondern dieses auch einem architektonischen und dekorativen Rahmen einzufügen, was in großen Formen zu denken zwingt und zugleich sorgfältige Ausarbeitung der Details erfordert. Das erste ist eine Angelegenheit der Begabung, das zweite Sache gründlicher handwerklicher Ausbildung. Beides verbindet sich im Werke Michael Kerns. Er ist ein Mitglied der deutschen Künstlerfamilie, die in ihren bedeutendsten Vertretern tätig teilnahmen an der Enwicklung der deutschen Kunst des Frühbarocks, die sich ohne bzw. trotz fremder - niederländischer und italienischer - Einflüsse zu einer sehr eigenartigen und typisch deutschen Formsprache von eminenter Ausdruckskraft entwickelte und die der heimischen Gotik weit verwandter ist als der internationalen Kunstsprache der damaligen Zeit. Wie viele andere Künstlerfamilien, so hatte sich auch die der Kerns innerhalb zweier Generationen vom engen Handwerkertum zum freien Künstlertum entwickelt, ohne jedoch geistig und künstlerisch die Verbindung mit der Tradition zu verlieren.Michael arbeitet im übrigen Deutschlnd oder ging für längere Zeit in das Ausland, nach Italien und England. Alle aber zeichnete ein feines Gefühl für ihre Grenzen aus sich weise beschränkend, erheben sie keine, ihre geistige und künstlerische Fähigkeiten übersteigenden Ansprüche auf eine ausgesprochen monumentale  Wirkung ihrer Werke. Es lohnt sich, einmal den künstlerischen Spuren Michael Kerns zu folgen, von dem malerischen Städtchen am Kocher ausgehend, hinaus in seine Umgebung, das Hohenloher Land, nach Öhringen, Hall, auf die Komburg, nach Künzelsau, Langenburg, Schöntal, schließlich in die weite Umgebung ganz Frankens, nach Wertheim, Dettelbach, Michelstadt, Würzburg, Bamberg.

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