Ein Haus der Geschichte
Die malerische Ansammlung der in winkligen Gruppen zusammenstehenden Häuser in der historischen Innenstadt findet ihren städtebaulichen Höhepunkt beim Diebsturm und Kern-Haus. Es wurde um das Jahr 1470 erbaut und stand schon 120 Jahre, als es der Steinmetz und Tüncher Michael Kern II. Vergrößerte und als Wohnhaus für seine Familie umbaute. Drei Generationen der Forchtenberger Künstlerfamilie Kern lebten in diesem Haus. „Das Haus sted in Gotes Hand“, meißelte Michael 1593 in Stein, also vor mehr als 400 Jahren. Nachfolgende Eigentümer waren vermutlich aus finanziellen Gründen nicht in der Lage, Veränderungen vorzunehmen, was aus heutiger Sicht ein günstiger Umstand war, aber auch zur Folge hatte, dass dieses Haus dem Zerfall nahe kam.
Vor dem gänzlichen Zerfall bewahrte es die Stadt Forchtenberg, die das unbewohnbar gewordene Gebäude von mehreren Teileigentümern 1985 erwarb, restaurierte und ein Kern-Museum mit heimatgeschichtlicher Abteilung einrichtete. Die halbe Million Mark, die dafür aufgewendet wurde, zählt nicht viel im Vergleich zu dem, was gewonnen wurde: Ein weiteres Juwel im mittelalterlichen Stadtbild und eine Erinnerungsstätte an bedeutende Bildhauer und Baumeister ihrer Zeit. Auch ohne museale Ausstattung wäre das Kern-Haus ein Museum, da Grundriss, Wohnräume und Küche bis hin zum mittelalterlichen Außenabort ein Gebäude zeigen, wie es die Bewohner um das Jahr 1600 erlebten.
In dieser Atmosphäre mit den Zeugnissen künstlerischen Wirkens der Kern-Familie fanden auch die Dokumente aus der Forchtenberger Stadtgeschichte mit den interessantesten Urkunden, Verordnungen und dem schicksalsschweren Stadtbuch ihren Platz. Im Hintergebäude, das den Steinmetzen und Bildhauern als Werkstatt gedient haben könnte, ist das heimatkundliche Museum untergebracht. Was Wilhelm Müller und Willi Kümmerling in vielen Jahren an Hausrat und Einrichtungen früherer Epochen, an handwerklichen und landwirtschaftlichen Gerätschaften gesammelt hatten, wird hier auf zwei Etagen anschaulich dargeboten.
In diesem heimatgeschichtlichen Rahmen lebt auch die Erinnerung an Forchtenberger Bürger auf, deren Namen Geschichte geworden sind. Aufgelegt sind die naturkundlichen und geologischen Werke, mit denen der Forchtenberger Pfarrer Robert Gradmann wissenschaftlichen Ruhm erlangte. Eine umfangreiche Dokumentation gilt Sophie und Hans Scholl, deren Vater von 1919 bis 1929 Bürgermeister in Forchtenberg war, die in Forchtenberg ihre Kindheit verbrachten und im Widerstand gegen die Hitler-Diktatur ihr Leben opferten.