Das Seniorenmobil
„Seniorenmobil Forchtenberg“ – eine Projektidee von Bürgermeister a. D. Gysin – Vorstellung und aktuelle Informationen seit Inbetriebnahme
Nach anwaltlicher Erstellung des Rechtsgutachtens habe ich die rechtlichen Punkte des Personenbeförderungsgesetzes mit dem Landratsamt Hohenlohekreis abgeklärt und auch umfangreiche eigene Recherchen durchgeführt.
Die Genehmigungsfreiheit nach dem Bundes- und Landespersonenbeförderungsgesetzes gemäß § 1 Abs. 2 Ziffer 1 wurde durch zahlreiche Verwaltungsgerichtsentscheidungen in den letzten Jahren mehr und mehr ausgehöhlt.
Aber: Ein Verstoß gegen das Personenbeförderungsgesetz stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, die mit einer Geldbuße von bis zu 20.000 € geahndet werden kann.
Aus den vorgenannten Gründen habe ich, nach Absprache mit dem Straßenverkehrsamt beim Landratsamt Hohenlohekreis, dem Gemeinderat folgende Projektvariante vorgeschlagen:
Nach der Verordnung über die Befreiung bestimmter Beförderungsfälle von den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes (Freistellungs-Verordnung – FrStllgV) gibt es für be-stimmte Beförderungen eine Freistellung vom Personenbeförderungsgesetz.
Es heißt dort: Von den Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes werden freigestellt:
In unserem Fall geht es um Ziffer 3:
„Beförderungen mit Personenkraftwagen, die nach der Bauart und Ausstattung zur Beförderung von nicht mehr als sechs Personen (einschließlich Führer) geeignet und bestimmt sind, es sei denn, daß für die Beförderungen ein Entgelt zu entrichten ist.“
Kurzum: Um auf der rechtlich sicheren Seite zu sein, sollte man kein Entgelt als Gegenleistung für die Fahrten erheben!!! Auch mittelbare Zahlungen gelten hierbei als Entgelt.
Motive für die Einführung des Seniorenmobils sind:
- Die demografische Entwicklung schreitet voran. Der Anteil der älteren Bevölkerung in unserer Stadt wird von Jahr zu Jahr spürbar größer.
- Die Infrastrukturen brechen nach und nach zusammen, weil die Umsätze fallen und kein ausreichender Gewinn mehr erzielt werden kann.
- Ohne eigene Mobilität, ohne Hilfe durch Familienangehörige, Nachbarn und Freunden wird es für immer mehr ältere Leute schwierig, den Alltag in den eigenen Wänden zu bewältigen.
- Der Einkauf von Lebensmitteln unter Nutzung des vorhandenen Nahverkehrs ist für viele ältere Bürger zu anstrengend und nicht mehr zu schaffen.
- Eine ausreichende Mobilität ist für die Frage, ob man in den eigenen Wänden bleiben kann, von zunehmender Bedeutung.
- Ältere Menschen, die nicht mehr selbständig leben können, ziehen weg und hinter-lassen Häuser, die oft mehrere Jahre leer stehen. Dadurch vermindern sich unsere Einwohnerzahlen (und damit auch die Steuerzuweisungen) und der Leerstand nimmt gefährlich zu.
- Viele ältere Bürger können sich aus finanziellen Gründen gar kein Auto mehr leisten oder sind aus gesundheitlichen Gründen dazu nicht mehr berechtigt/geeignet.
Projektvorstellung
Wer ist Projektträger?
Träger meiner aktuellen Projektidee ist ausschließlich die Stadt Forchtenberg. Das Projekt kann und sollte aber unbedingt durch Sponsoren und/oder Spendern unterstützt werden.
Wichtiger Hinweis: Spenden sind kein Entgelt im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes. Wenn beispielsweise die Nutzer des Seniorenmobils uns eine freiwillige Spende machen, löst dies keine Genehmigungspflicht aus, weil es sich nicht um eine Gegenleistung handelt.
Deswegen ist bei der jetzigen Projektidee das Werben um Sponsoren und Spenden umso wichtiger, damit die Deckungslücke reduziert werden kann.
Was ist das Seniorenmobil?
Das Seniorenmobil muss, um die Voraussetzungen der Freistellungsverordnung zu erfüllen, ein „normaler“ Pkw mit max. 6 Sitzplätzen (einschließlich Fahrer) sein.
Bei der Fahrzeugauswahl wurde großen Wert auf folgende Eigenschaften/Ausstattung gelegt:
- Klimaanlage (Klimaautomatik) und Standheizung,
- leichtes Ein- und Aussteigen durch große Schiebetüren hinten,
- ein ausreichend großer Kofferraum,
- eine vorbereitete Bluetooth-Telefonmöglichkeit,
- hohe Zuverlässigkeit und günstige Unterhaltskosten.
Wir haben uns für folgendes Fahrzeug entschieden: VW Caddy Trendline 5-Sitzer Sondermodell „Soccer“ Motor: 1,6 l TDI 75 KW mit 5-Gang-Schaltgetriebe vor. Kofferraumvolumen: 920 Liter.
In diesem Fahrzeug wurden auch Ein- und Ausstiegshilfen für Behinderte nachträglich installiert.
Wie wird das Seniorenmobil für Fahrten bestellt?
Alle, die berechtigt sind, das Seniorenmobil zu nutzen, rufen den jeweiligen Fahrer des Senio-renmobils direkt an.
Es gibt 2 Buchungsmöglichkeiten:
-Das Seniorenmobil kann bereits mehrere Tage vor Fahrtantritt reserviert werden. Beispiel: Frau Muster aus Sindringen ruft an und sagt, dass sie nächsten Dienstag um 14.00 Uhr einen Arzttermin im Ärztezentrum in Forchtenberg hat. Sie bittet um 13:45 Uhr an ihrem Haus in der Musterstrasse 1 abgeholt zu werden. Der Fahrer trägt diese Fahrt mit Uhrzeit und Abfahrtsort/Ziel in das Fahrtenbuch ein, so dass der Fahrer, der am nächsten Dienstag zuständig ist, sich darauf einrichten kann. Frau Muster sagt dem Fahrer auch, um welche Uhrzeit sie wieder nach Sindringen gefahren werden möchte. In Forchtenberg kann sie nach dem Arztbesuch noch Einkaufen oder andere Dinge erledigen.
Anderes Beispiel: Frau Muster aus Sindringen möchte ihren Wocheneinkauf vornehmen. Sie kauft jetzt immer Montagnachmittags um 14:00 Uhr in Forchtenberg ein. Zwischenzeitlich hat es sich ergeben, dass auch 2 weitere Damen aus Sindringen gleichzeitig in Forchtenberg einkaufen wollen. Alle drei Damen nehmen jeweils eine Klappbox für den Einkauf mit.
Der Fahrer bringt die drei Damen zu Aldi. Um 14.30 Uhr holt er sie wieder dort ab und fährt sie in die Altstadt, wo sie weitere Einkäufe vornehmen wollen. Um 15.00 Uhr fährt er die drei Damen wieder nach Sindringen und fährt zu jedem Haus. Die Damen freuen sich, dass der Fahrer die Klappbox hoch in das Haus trägt und jede Dame gibt ihm einen Euro Trinkgeld.
-Das Seniorenmobil kann auch kurzfristig ohne Reservierung geordert werden. Frau Muster aus Sindringen ruft am Montag um 11.00 Uhr an und sagt dem Fahrer, dass sie bis 11:30 Uhr in Forchtenberg sein muss, um eine dringende Angelegenheit zu regeln. Das Seniorenmobil ist während des Anrufs auf einer Fahrt nach Ernsbach und nimmt auf dem Rückweg Frau Muster von zuhause aus mit.
Im Idealfall dauert es nicht länger als 15 Minuten bis das Seniorenmobil beim Fahrgast eintrifft. Auch Fahrten innerhalb eines Ortes sind vorstellbar.
Wer hat das Seniorenmobil angeschafft?
Die Stadt Forchtenberg hat den Leasingvertrag abgeschlossen. Wenn sich ein Gewerbetreibender / Selbständiger für Sponsoring entscheidet, kann er eine Werbefolie auf unserem Fahrzeug anbringen lassen. Die Gestaltung des Fahrzeugs sollte aber insgesamt dezent sein. Auf beiden Längsseiten kann das Fahrzeug als Seniorenmobil.
Wer bezahlt die fixen und laufenden Betriebskosten des Seniorenmobils?
Diese Kosten sind vom Projektträger, also von der Stadt Forchtenberg, zu bezahlen.
Wie hoch werden voraussichtlich diese Gesamtkosten für die Stadt Forchtenberg sein?
Laufende Kosten bei Leasing wie oben bei angenommenen 15.000 Km/Jahr:
ca. 25.000 Euro.
Wer kann mit dem Seniorenmobil mitfahren?
Jede Bürgerin und jeder Bürger von Forchtenberg (Hauptwohnsitz in Forchtenberg) nach Vollendung des 60. Lebensjahres und jede Bürgerin und jeder Bürger von Forchtenberg (Hauptwohnsitz in Forchtenberg) nach Vollendung des 50. Lebensjahres mit Besitz eines Schwerbehindertenausweises.
Aber: Das Seniorenmobil ist kein öffentliches Transportmittel. Es ist auch kein Linienbus, der zu bestimmten Uhrzeiten immer die gleiche Linie fährt. Aus diesem Grund ist das Seni-orenmobil auch keine Konkurrenz zum NVH. Da wir nur ein Taxi in Forchtenberg haben und dieses bisher innerhalb von Forchtenberg sicherlich nur wenige Aufträge hatte, gilt das Vorgenannte auch im Hinblick auf dieses Taxi.
Was kostet das Mitfahren mit dem Seniorenmobil?
Nichts!!!
Mit diesem Seniorenmobil haben wir eine Einrichtung auf die Beine gestellt, die es in dieser Form entweder gar nicht oder nur äußerst selten in Deutschland gibt!!! Für ältere Menschen, insbesondere bei einer niedrigen Altersrente, ist diese Beförde-rungsmöglichkeit ein wahrer Segen. Die Auslastung des Seniorenmobils ist nach 6 Mo-naten bei rund 75 %. Das Seniorenmobil hat im Januar 2015 eine Fahrstrecke von rund 2.100 Kilometer zurück gelegt!!! Rund 40 Bürgerinnen und Bürger nutzen das Seniorenmobil regelmäßig, teilweise auch mehrmals pro Woche. Etwa 10 bis 20 Bürger nutzen das Seniorenmobil nicht regelmäßig, aber anlassbezogen immer wieder. Wir lösen mit dem Seniorenmobil längst nicht alle Mobilitätsprobleme des ländlichen Raumes. Aber es ist und wird trotzdem ein Quantensprung für viele Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt.
Wer eine freiwillige Spende zur Projekteinführung und Aufrechterhaltung dieses Projekts leisten möchte, kann dies gerne tun. Eine Verpflichtung zur Abgabe einer Spende gibt es nicht.
Für welche Fahrten kann und darf ich das Seniorenmobil nutzen?
Für Einkäufe, für Arztbesuche und aus unendlich anderen Gründen. Jede Bürgerin und Bürger, die das Seniorenmobil nutzen möchte, muss auf Verlangen des Fahrers ihren Bundespersonalausweis zeigen, bei Personen zwischen 50 und 60 Jahre zusätzlich noch den Schwerbehindertenausweis. Bei Bürgerinnen und Bürgern, die keinen Bundespersonalausweis besitzen, sondern einen Reisepass (egal welcher Nationalität), ist dieser auf Verlangen vorzuzeigen. Dies genügt als Nachweis der Mitfahrberechtigung.**
**Eine Überprüfung findet in der Praxis nicht statt. Wäre aber möglich.
Diese Projektvariante hinterlässt zwar eine größere Deckungslücke (falls die eingehenden Spenden diese Lücke nicht schließen sollten), aber dafür funktioniert das Seniorenmobil we-sentlich unbürokratischer. Der Bundespersonalausweis (in bestimmten Fällen zusammen mit dem Schwerbehindertenausweis) bzw. ein Reisepass bildet praktisch der Fahrausweis.
Was geht nicht?
Zum Beispiel die tägliche Nutzung des Seniorenmobils um zu einem Arbeitsort und zurück zu gelangen. Dies muss im Einzelfall geprüft werden. Ein Rechtsanspruch auf Beförderung besteht nicht. In begründeten Ausnahmefällen (z.B. bei Trunkenheit) kann der Fahrer die Mitnahme ablehnen.
Gibt es ein Mindestalter für die Benutzung des Seniorenmobils?
Mindestalter: 60 Jahre Bei Schwerbehinderten beträgt die Altersuntergrenze 50 Jahre.
Wohin fährt das Seniorenmobil? Wohin nicht?
Das Seniorenmobil fährt nur innerhalb unseres Stadtgebiets, also in Forchtenberg und allen Stadtteilen. Auch Fahrten innerhalb eines Stadtteils sollten möglich sein. Wenn jemand eine Stadt oder Gemeinde außerhalb von Forchtenberg besuchen möchte (z.B. Öhringen) muss er den öffentlichen Nahverkehr oder ein Taxi benutzen.
Hintergrund: Es sollen nur die Mobilitätsprobleme innerhalb unserer Stadt beseitigt bzw. re-duziert werden mit dem Ziel, dass unsere Infrastruktur besser genutzt werden kann und nicht die der umliegenden Orte (kein Kaufkraftexport).
Wer kann/darf das Seniorenmobil überhaupt fahren?
Da es sich um einen ganz normalen Pkw handelt, wird ein Beförderungsschein nicht benötigt. Ein normaler Führerschein für Pkw reicht. Dadurch sparen wir auch die Kosten für den Beförderungsschein.**
Als obere Altersgrenze wird grundsätzlich die Vollendung des 70. Lebensjahres angenommen. Ausnahmen können gemacht werden, wenn die Fahrer gesund sind, keine gesundheitlichen Probleme beim Autofahren und dies durch ein ärztliches Zeugnis vom Hausarzt bestätigt wird.
** Wir haben 5 Regelfahrer und 3 Springer.
Was erhält ein Fahrer an Aufwandsentschädigung?
Die Fahrtätigkeit ist eine ehrenamtliche Tätigkeit. Als pauschale Aufwandsentschädgung wird 6 Euro pro Stunde bezahlt. Da bis zu 200 Euro p.m./2.400 Euro p.a. einkommensteuer- und sozialversicherungsfrei pro Jahr als pauschale Aufwandsentschädigung bei ehrenamtlichen Tätigkeiten ausbezahlt werden kann (§ 3 Nr. 12 EStG)*, hat dies zur Folge, dass jeder Fahrer maximal 400 Stunden pro Jahr fahren kann.
Die Aufwandsentschädigung wird für die Bereitschaftszeit bezahlt (nicht Fahrzeit).
Wer teilt die Fahrer ein?
Die Einteilung der ehrenamtlichen Fahrer nimmt eine ehrenamtliche Person vor. Diese Person macht Wochen- und Monatspläne und teilt die Fahrer in Abstimmung mit diesen ein. Eine Ersatzperson soll diese Aufgabe bei Ausfallzeiten übernehmen. Auch kurzfristige Änderungen müssen organisatorisch gemanagt werden. Für diese Tätigkeit ist auch eine pauschale Aufwandsentschädigung (100 Euro pro Monat) zu bezahlen. Für die Ersatzperson beträgt die pauschale Aufwandsentschädigung 50 Euro pro Monat.
Wer kümmert sich um die Wartung und laufende Pflege des Fahrzeugs?
Die Wartungsarbeiten müssen in einer VW-Vertragswerkstatt durchgeführt werden. Ein Bauhof-mitarbeiter kann das Fahrzeug zur Werkstatt fahren und wieder abholen. Für Werkstattauf-enthalte wird uns für bis zu 3 Tage kostenlos ein Ersatzfahrzeug zur Verfügung gestellt.
Wie sind die Fahrzeiten des Seniorenmobils?
Montags bis freitags von 8.30 Uhr bis 12.30 Uhr und von 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr. Sollte der Bedarf auch zu anderen Zeiten (z.B. auch samstags) bestehen, kann nach der Anlaufphase auch nachgebessert werden, falls der Gemeinderat die dadurch höheren Kosten in Kauf nimmt.
Brauchen wir eine Genehmigung für den Betrieb des Seniorenmobils?
Aus den eingangs genannten Gründen ist eine Genehmigung nicht erforderlich.
Wichtige Informationen zusammengefasst
- Rufnummer des Seniorenmobils:
0175 4449004 - Wer kann mitfahren?
Jede/r Bürger/in von Forchtenberg nach Vollendung des 60. Lebensjahres oder nach Vollendung des 50. Lebensjahres im Besitz eines Schwerbehindertenausweises. - Was kostet das Mitfahren?
NICHTS - Wohin fährt das Seniorenmobil?
Das Seniorenmobil fährt Forchtenberg und alle Stadtteile an. - Fahrzeiten des Seniorenmobils:
Montag bis Freitag von 8:30 Uhr bis 12:30 Uhr und 13:00 Uhr bis 17:00 Uhr
Sponsoren des Seniorenmobils
s´Badische Backheisle
KRIWAN Industrie Elektronik GmbH
Logo Krone (PDF-Dokument, 1,34 MB, 03.07.2019)